← Home über. mastodon. archiv.
  • vor-ort-gespräch.

    der supermarkt ist überraschend und erfreulich leer. anschließend für eine kalte mate zum späti. auf dem rückweg renne ich einem cdu-wahlkampfstand, der sich als vor-ort-gespräch tarnt, in die arme. ein bürgerlich gekleideter rentner will mir einen flyer anbieten.

    warum ich denn eine partei mit friedrich merz an der spitze wählen solle, frage ich stattdessen. wegen putin, sagt er, und weil es weniger bürokratie für unternehmen brauche. warum denn das? bürokratie entstehe oft dort, wo unternehmen sich übergriffig verhalten.

    überhaupt: wegen unternehmen! der staat ein schlechter unternehmer sei. weil großunternehmen keine subventionen nötig hätten. weil wir umverteilung bräuchten.

    was die cdu unter friedrich merz denn plane, um geld von reichen umzuverteilen? was die cdu denn plane, um mieten zu senken? schließlich besteht ein guter teil der miete bei vonovia und co. aus dividenden für aktionar*innen.

    er besitze selbst ein haus, sagt er. hier in der gegend. vor jahren für ein paar hundertausend euro gekauft. pro jahr werfe die miete fünfzigtausend ab. und das muss noch versteuert werden. und was er von dem, was übrig bleibt, alles bezahlen müsse. bald muss die fassade der rückseite gemacht werden. hundertzwanzigtausend. am schluss hätte er nichts davon, aber immerhin die erben. ich sage ihm, dass ich kein mitleid habe.

    er sei selbst ja auch lange selbstständig gewesen. prokurist. geschäftsführer. da finde er es auch gut, dass er die profite kassiere, wenn er das risiko trage. auch bei familienunternehmen, bei denen es eine engere bindung zwischen eigentümer*innen und arbeitnehmer*innen gebe, finde er es gerechtfertigt. meinen einwand, dass arbeitnehmer*innen viel eher das risiko für wirtschaftliche fehlentscheidungen ihrer vorgesetzten tragen, also nach dieser logik auch anspruch auf die profite hätten, ignoriert er gekonnt.

    er kann mich nicht überzeugen. ich ihn auch nicht. wir verabschieden uns. er dankt für das anregende gespräch und versucht es erneut mit dem flyer, ich lehne erneut ab. ob ich wenigstens eine cdu-schokolade nehmen würde? nein, danke.

    → 8:04 PM, Dec 30
  • laptophülle.

    2012 habe ich mir mein erstes macbook gekauft. so ein schönes, weißes, das schon vier jahre alt war. gebraucht. oben drauf gab es vom vorbesitzer eine hülle aus neopren, nichts besonderes, aber einfach und zweckmässig.

    das macbook habe ich ein paar jahre später gegen ein macbook air getauscht, aber die hülle blieb, weil war ja noch gut. das macbook air habe ich ein paar jahre später gegen ein macbook pro getauscht, aber die hülle blieb, weil war ja noch gut. und weil aller guten dinge drei sind und zeit geld, als freiberufler noch mehr, habe ich mir auch beim nächsten macbook pro keine neue hülle gekauft, weil war ja noch gut.

    vor ein paar tagen ging sie dann kaputt und war nicht mehr gut und so habe ich mir dann nach zwölf jahren eine neue hülle gekauft, eine schöne. weil sie sich gut reparieren lässt, wahrscheinlich die letzte.

    → 11:10 AM, Dec 18
  • von all den schönen stickern auf meinem laptop wollte er abends um halb 11 ausgerechnet über den „fight bds“ diskutieren.

    er sagte zu beginn aber direkt, ich könne auch einfach „nein“ sagen. also sagte ich „nein“. den trick will ich mir merken.

    → 10:18 AM, Dec 16
  • zwanzig dosen.

    im discounter. auf dem nachhauseweg fiel mir ein, dass ich noch katzenfutter kaufen wollte. also stehe ich jetzt da, an der selbstbedienungskasse, mit zwanzig dosen in der tasche. ich hätte zwanzig dosen, sage ich. ob es eine mehrfachauswahl gibt oder ich die alle einzeln rüberziehen müsse, frage ich. ob sie mal in meine tasche schauen könne, fragt die kassiererin. klar. ne, ginge nich, seien ja verschiedene sorten, also alle einzeln. sei das ihr ernst? das sei leider ihr ernst.

    dass ich anschliessend zwanzig dosen katzenfutter (und sechs mandarinen mit blatt) auf ihr band packe, davon ist sie dann auch wieder nicht begeistert.

    → 9:44 AM, Dec 11
  • better than perfect?

    ich stolpere gerade mal wieder über die faire computermaus, sie hat jetzt ein umweltzertifikat. wie jedes mal will ich sie mögen und bestellen und stolpere dann wieder darüber, dass sie in einer werkstatt für menschen mit behinderung gefertigt wird.

    auf der einen seite steht da ein faireres stück hardware, auf der anderen seite aber das wissen um ausbeutung und arbeitsbedingungen in diesen werkstätten. zur wahrheit gehört auch: solange elon arschloch, taylor swift und co. mit ihren privatjets zum shoppen fliegen, solange ölkonzerne weiter co2 in die luft blasen, als gäbe es kein morgen mehr, das gibt es jetzt wahrscheinlich wirklich nicht mehr, werden meine konsumentscheidungen ein tropfen auf die heiße erde sein.

    und trotzdem frage ich mich, woher dieser absolutheitsanspruch kommt. warum muss eine fairere computermaus perfekt sein? woher kommt diese erwartungshaltung? weil sie nicht “fairer” sondern “fair” heisst? obwohl das fairphone hat trotz des namens ja auch gezeigt, dass es anders geht.

    vielleicht ist das das besondere, das wertvolle an diesen kleinen projekten? sie erbringen einen machbarkeitsbeweis: es geht anders, vielleicht besser.

    → 11:14 AM, Dec 7
  • die buchhandlung im erdgeschoss

    im erdgeschoss vom haus ist seit über hundert jahren eine kleine buchhandlung, also seit immer. wenn ich auf dem nachhauseweg im dunkeln die beleuchteten schaufenster sah, wusste ich: gleich habe ich es geschafft, gleich bin ich zuhause.

    für weihnachten, für geburtstage war die kleine buchhandlung im erdgeschoss immer gut. man ging rein, bestellte, bezahlte — und fand das buch als geschenk verpackt ein, zwei tage später im treppenhaus.

    später nahm ich mein zuhause mit und zog weg, über umwege in die große stadt. die kleine buchhandlung im erdgeschoss aber blieb und weil geburtstage und weihnachten jedes jahr aufs neue stattfinden, schickte ich jetzt eine email, bestellte, bekam die rechnung, bezahlte — und pünktlich lag das buch als geschenk verpackt im treppenhaus.

    vor einigen wochen zog ich in der großen stadt einen brief von der kleinen buchhandlung im erdgeschoss aus dem briefkasten: sie schliessen. und sie werden fehlen.

    → 11:05 AM, Dec 5
  • gut und schön.

    ich bin gut darin, sachen zu bauen. zumindest rede ich mir das ein. ich mag es, dinge auseinanderzunehmen, zu dekonstruieren, um zu verstehen, wie sie funktionieren. was ich wiederum nich gut kann, ist kram zu gestalten. dinge schön machen. dazu fehlt mir das handwerkszeug, das auge, ich bin kein designer.

    was mir gefällt, das kann ich sagen, aber ich kann nich gut entwerfen, was mir gefällt. manchmal wäre ich gerne kreativer, emotionaler, irrationaler, mehr künstler als handwerker.

    meine mutter war gelernte schriftsetzerin. ich erinnere mich an setzkästen in ihrem arbeitszimmer, die sie sich irgendwann wohl aus nostalgiegründen gekauft hatte. an lettern in den setzkästen. später arbeitete meine mutter als selbstständige grafikerin.

    immer wieder taucht das thema typografie in meinem leben auf. sei es, weil ich die abizeitung layoute. sei es, weil ich meine packliste schön haben will und bei butterick’s practical typographyspicken muss. sei es, weil ich eine schöne tasche in der potsdamer straße abhole und dabei meinen blick nicht von druckmaschinen abwenden kann.

    ich mag schrift. mag, was man damit vermitteln kann, auch und gerade weit über das inhaltliche hinaus. ich wertschätze die details. gutes, sauberes, durchdachtes handwerk eben. und gleichzeitig merke ich, dass design einfach nich meine disziplin ist. zumindest rede ich mir das ein.

    → 5:10 PM, Nov 26
  • notizbuch.

    gestern habe ich ein neues notizbuch angefangen. obwohl ich noch ein angefangenes habe. eine mischung aus rebellion und verschwendung. aber dieses hier ist für andere dinge als das andere! es trägt den schönen titel „chronik der laufenden ereignisse“ und ist im suhrkamp-verlag erschienen. ich konnte ihm nich widerstehe, als ich mir ein anderes buch kaufte. ich mag es. es schreibt sich gut. es ist klein.

    doch während ich noch nicht weiß, ob klein in diesem fall gut — wobei das bei einem buch unbestätigten gerüchte zufolge eher vom inhalt abhängt — bedeutet, kann ich sagen, dass ich das softcover unpraktisch finde.

    → 11:16 AM, Nov 22
  • naivität.

    anfang der woche war ich beim team im schönen freiburg. geschäftsreise mit dem kleinen fahrrad. arbeitstreffen. socializing. wir sprachen auch über gott und die welt und die anfänge und wie wir zu dem kamen, was wir heute tun: wir fingen an. ganz naiv.

    das hamburg von vor rund dreissig jahren klang wild. damals wie heute stolperten leute in jobs rein — und fingen einfach an. legten tausendfünfhundert mark — das sind tausendfünfhundert euro — für einen c-compiler hin. lasen bücher. programmierten

    mein erstes macbook kaufte ich mir 2011, also auch vor fast dreissig jahren. nach einem kurzen ausflug in die android-welt kam recht schnell ein iPhone 5s dazu und die frage: „wie baut man dafür eigentlich apps?“

    und dann fing ich einfach mal an. ganz naiv. organisierte mir ein buch über objective-c. schrieb eine kleine app, die auch mal wieder liebe vertragen könnte. studierte nebenbei, spielte mit dem gedanken, das studium abzubrechen, studierte zuende, fand über twitter meinen ersten job als iOS-entwickler in berlin, zog nach berlin. ein paar jahre später fuhr ich als freiberuflicher iOS-entwickler nach freiburg zum team. arbeitstreffen.

    und heute? gefühlt fällt es mir heute schwerer, einfach so anzufangen. wo ist die naivität hin?

    → 11:05 AM, Nov 21
  • gemütlich.

    vor ein paar wochen habe ich mit yoga angefangen — und heute meine fitnessstudiomitgliedschaft gekündigt, aber das ist eine andere geschichte.

    und während ich nach der praxis so da liege und zur ruhe komme, entscheidet die dicke katze, dass ich ganz gemütlich aussehe, so wie ich da liege, rammt mir den kopf in die seite, legt sich auf meinen bauch und fängt an zu schnurren.

    → 12:19 AM, Nov 21
  • langsam, klein und schön.

    seit längerem trage ich mich mit dem losen gedanken, dass groß per se problematisch ist, weil groß macht symbolisiert, und denke langsam über ihn nach. groß nutze ich hier eher, weil ich bisher keinen besseren begriff gefunden habe.

    ein großes auto? problematisch. die dosis? problematisch. ein großkonzern? problematisch. milliardär*innen mit viel geld? jede*r einzelne problematisch. die einzig logische und bekannte, wenn auch leicht trotzige schlußfolgerung: klein ist schön.

    vor einiger zeit habe ich mich unterhalten. wir saßen in einem kleinen café mit guter heißer schokolade, das gleichzeitig ein kleiner fahrradladen ist, also ein kleiner traum. im laufe des gesprächs kamen wir auch auf das thema größe und weil wir vorher über staaten als zusammenschluß von vielen, vielen menschen sprachen, meldete sich mein kopf und stopfte staaten aus neuen gründen in die schublade problematisch.

    vor ein paar tagen beschwerte sich ein freund, ein programmierer. er habe in einem meeting erfahren, dass er eine faule sau sei und nicht schnell genug die neuesten trends lerne. vielleicht ist nicht nur klein schön, sondern auch langsam?

    → 11:14 PM, Nov 19
  • wie hier.

    wir, also die verwandtschaft und ich, sitzen im auto und fahren über die autobahn. man sei letzten ins frankreich gewesen und die autobahnen dort, total klasse, nich so ein scheißdreck wie hier!

    ich, also nicht die verwandschaft, nur ich, sitze im zug. hinter mir reden zwei personen, es ist eines dieser gespräche, wie sie nur durch zufall und anonymität möglich werden. man sei letztens im ausland gewesen und die menschen dort seien so unfaßbar freundlich gewesen, nich so wie die deutschen hier.

    wäre man doch nur teil der lösung und nicht des problems.

    → 8:00 PM, Nov 19
  • eine zugdurchsage: „liebe fahrgäste, hier spricht die stimme des grauens und ich habe schlechte neuigkeiten für sie. wegen bauarbeiten ist die strecke nur eingleisig befahrbar und wir stehen hier jetzt noch so zehn, fünfzehn minuten.“

    → 8:12 PM, Nov 17
  • vertrieb.

    so langsam wird das hier zu einem fahrradblog — gibt schlimmeres. auf jeden fall sind das kleine faltrad und ich auf einer geschäftsreise. in meiner vorstellungen fahren andere, gerade erfolgreiche bwler*innen und solche, die ahnung von vertrieb haben, immer mit möglichst beeindruckenden autos zu ihren kund*innen. als statement, wie erfolgreich man ist.

    ich muss jedes mal in mich hineinlächeln, wenn ich meinen bestickerten fahrbaren untersatz bei geschäftlichen terminen dabei habe — und trage. und auch wenn mein ziel unermesslicher reichtum in form von abschaffung des kapitalismus ist, so bin ich auch sonst geschäftlich aktuell nicht allzu erfolgreich.

    aber ich habe auch keine ahnung von vertrieb.

    → 8:53 AM, Nov 15
  • es fehlt.

    das fahrrad ist in der werkstatt und wie so oft, wenn was fehlt, merkt man, dass es fehlt. wie gut es eigentlich ist. wie viel besser es das leben macht. wie viel aufwendiger es ohne ist. im konkreten fall konnte ich heute nicht ins büro fahren, bin auf den öpnv angewiesen und merke, wieviel zeit mir das radfahren spart. ich fühle mich eingeengt, als hätte man mir freiheit, mobilität genommen.

    ich freue mich, wenn ich es nachher wieder abholen kann.

    → 4:58 PM, Nov 14
  • viertausend euro

    gestern auf dem weg nach hause nahm mir mal wieder jemand die vorfahrt. ich konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und rauschte mit dem fahrrad in die autotür des mietwagens. angehalten, foto vom nummernschild, bevor jemand wie letzten monat fahrerflucht begeht, polizei gerufen.

    das erste mal ging etwas am rad kaputt: der gepäckblock ist abgebrochen. kostenpunkt: neunundzwanzig euro.

    während wir auf die polizei warteten, haben uns wir uns nett unterhalten. er betreibe ein restaurant in kreuzberg und würde den mietwagen nur fahren, weil sein auto gerade in der werkstatt sei. kostenpunkt: viertausend euro.

    die polizei kam und nahm den vorfall auf, wir tauschten kontaktdaten aus, er fuhr weiter, ich fuhr weiter. auf dem nachhauseweg fuhr ich am fahrradladen vorbei und kaufte mir einen neuen gepäckblock. kostenpunkt: neununzwanzig euro. und der vorsatz, in kreuzberg mal ein bestimmtes restaurant zu besuchen.

    → 12:26 PM, Nov 13
  • RSS
  • JSON Feed
  • Micro.blog